Wird aber bei einem Knochenbruch der umgebende Weichteilmantel mitverletzt, dann steigt die Gefahr einer Komplikation erheblich. „Durchbricht zum Beispiel der Knochen die Haut, dann steigt das Risiko einer Infektion oder es kommt zu Wundheilungsstörungen. Hier bedarf es dann von den Medizinern besondere Expertise“, so Dr. Christian Bettag, Chefarzt der Unfallchirurgie im Prosper-Hospital. Und dann gilt: Vier, sechs oder acht Augen sehen mehr als zwei.
Entsprechend hat sich seine Fachabteilung im Rahmen eines EXPERT-Projektes mit Uni-Kliniken und anderen Krankenhäusern vernetzt, um diese Verletzungen aber auch deren Komplikationen noch besser zu behandeln. Hierzu ist das Recklinghäuser Krankenhaus eines von insgesamt 33 Kliniken in Deutschland, das aufgrund der Expertise im Bereich der Unfallversorgung als auch für die plastisch-rekonstruktiven Verfahren als Innovationsklinik geführt wird. Konkret bedeutet dies: Unter Federführung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster wird eine telemedizinische Plattform geschaffen, über die sich die angeschlossenen Kliniken interprofessionell austauschen und beratschlagen. Dieses Extremitätenboard ist dabei wie ein fachliches Konsil zu verstehen, das online anhand der diagnostischen Daten eines jeden Patienten erfolgt. Jeder einzelne Fall wird dann von Expertinnen und Experten dieses Boards bewertet – die Mediziner kommen dabei aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen wie zum Beispiel der Plastischen Chirurgie, der Infektiologie oder der Gefäßmedizin. Ihre fachliche Einschätzung soll eine schnelle interdisziplinäre Therapieempfehlung in jedem einzelnen Versorgungsschritt ermöglichen.
„Bekanntlich sind wir im Prosper-Hospital in vielen Bereichen, zum Beispiel der Radiologie, hervorragend aufgestellt. Mit dem überörtlichen Austausch – insbesondere mit dem universitären Bereich – können wir komplizierte Fälle noch besser bewerten. Diese Zweitmeinung kommt unmittelbar unseren Patienten zugute“, so der Chefarzt. Auch sollen mit dieser Kooperation die Kompetenzen und die Zusammenarbeit zwischen den Häusern verbessert werden.
Mit einer ungewöhnlich hohen Fördersumme von 6,9 Millionen Euro unterstützt der Gemeinsame Bundesausschuss, das höchste Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen Deutschlands, für drei Jahre das Projekt „EXPERT – Extremitätenboards zur Prozessoptimierung, Evaluation, Risikominimierung und Therapieoptimierung bei Frakturen mit Weichteilschädigungen oder post-operativen Infektionen der unteren Extremitäten im Traumanetzwerk“.
Der Grund: Alleine in den 33 Innovationskliniken wurden in einem Halbjahr rund 35.000 entsprechende Frakturen behandelt. Hier setzt das Projekt der WWU Münster an und will mit seinen angeschlossenen Kooperationspartnern einen Versorgungsmehrwert schaffen.
